Am Knorrberg hieß auch schon:
Keine Umbenennung, der Straßenname wurde erst in den 1990er Jahren als postalische Anschrift gewidmet.
Es bedarf einiger Ortskenntnis (…oder freilich elektronischer Navigation), die kleine Straße in Einsiedel zu finden. Der Zugang erfolgt über den Dittersdorfer Weg. Schon dieser ist in seinem unteren Teil eine recht kleine und schmale Straße. Nachfolgend zum besseren Zurechtfinden drei Fotos für den Weg zum Knorrberg, alle vom 31. Mai 2015. Eine andere Zugangsmöglichkeit erfolgt über den Fischzuchtgrund.
Zur Geschichte des Knorrberges nun nachfolgend ein umfangreicher Artikel von Ingobert Rost, welcher mit dessen freundlicher Genehmigung hier im Heimatwerk Einsiedel publiziert wird:
Der Knorrberg in Einsiedel
Der Volksmund schuf auch in unserem Ort im Verlauf der Geschichte Flurnamen, die beispielsweise auf Besonderheiten, wie die „Ziegenschweiz“ oder auf Familiennamen, wie das „Bodenholz“ zurückzuführen sind. Manchen Einsiedlern aber ist auch der Name „Knorrberg“ ein Begriff. Seit den neunziger Jahren existiert sogar die postalische Anschrift „Am Knorrberg“ für die dortigen Anwohner.
Er befindet sich zwischen dem Fischzuchtgrund und der Anton-Herrmann-Straße. Man erreicht ihn über den Dittersdorfer Weg links abbiegend als Privatweg oder über den Fischzuchtgrund nach Haus 3 und 5, danach als Forstwirtschaftsweg weiterführend und rechtsabbiegend durch ein Flächennaturdenkmal. Der „Knorrberg“ lässt sich nicht exakt eingrenzen.
Beim Betrachten der Einsiedler Flurkarte von 1928 kann mit der Flurstücksnummerierung 327 i auf das ehemalige Knorrsche Arreal als volksmundlicher Namensgeber geschlussfolgert werden. Das Grundstück könnte auch schon Alban Knorr sen. von Carl August Funk erworben haben, der ja das gesamte Gebiet zwischen der Bahnlinie und dem Hang oberhalb der heutigen Anton-Herrmann-Straße seit 1873 besaß. Das ist aber nur eine Vermutung. Funk wollte das angekaufte Land ja spekulativ gewinnbringend an betuchte Chemnitzer verkaufen, die sich hier im Sommer als „Kolonisten“ von der Industriestadt Chemnitz erholen sollten. Aus dem eingezeichneten Steinbruch (Höhe 404,1m) kam übrigens das Baumaterial für den Bau der 1827 errichteten Jakobikirche. Der ursprüngliche Transportweg ist noch heute im Grundstück Kratzsch vorhanden und dient außerhalb den jetzigen Anwohnern als Zugang, bevor er in den Dittersdorfer Weg einmündet.
Der Knorrbergblick rechts mit Gemeindegarten, links mit Baumschule Schwarz, nach 1945 vom Bauer Guido Schmidt angepachtet.
(Foto: Hans Morgenstern um 1952? von der Wetterwarte auf der Wettinhöhe)
Eine ganz andere, noch höhere Sicht auf ihn hatten im März 1945 vor genau 70 Jahren britische Luftaufklärer nach der Bombardierung unseres Ortes.
Heute geht es hier beschaulicher zu. Während des Sommers bewacht ein hölzerner Uhu das Terrain. Der echte lebt aber nicht weit davon und nachts kann man ihn auch bis ins Frühjahr rufen hören.
Teile dieses Areals besaß dann noch vermutlich der Sohn des Alban Knorr, der Goldschmied Otto Knorr aus Chemnitz, welche auch er wahrscheinlich nach und nach an weitere Interessenten verkaufte. Einen Grundstückteil verwaltete später die Gemeinde Einsiedel bis zum späteren Verkauf. Nach dem Krieg war das zum Fischzuchtgrund neigende Gebiet den Einsiedlern noch unter dem Begriff „Knorrgarten“ oder “Gemeindegarten“ bekannt. Hier befand sich bis nach Kriegsende ein umfangreicher Obstbaumbestand mit Kern-und Steinobst. Umzäunt war es von einer dichten Hecke aus Rot- und Weißdorn sowie von Schlehen. Das war teilweise auch bis in die jüngste Vergangenheit noch so und ist bei den Aufnahmen noch erkennbar. Übrigens haben die dort heimlich geernteten Früchte der Obstbäume in den Spätsommerabenden der ersten Nachkriegsjahre manchen hungrigen Kindermagen froh gemacht.
Das Flurstück 326 gehörte wahrscheinlich zur Hahnmühle, denn man sprach früher auch vom „Hahnberg“. Nach 1945 gab es auf dem Grund der heutigen Bungalowsiedlung mehrere Jahre eine kleine Gärtnerei.
Wer war eigentlich der Juwelier und Goldschmied Alban Otto Knorr? Noch sind dazu nicht alle Quellen erschlossen. Doch das Chemnitzer Stadtarchiv konnte wichtige Ergänzungen dankenswerter Weise beisteuern. Otto Knorr wurde am 08. Januar 1873 in Chemnitz als Sohn des Maschinenfabrikanten Friedrich Alban Knorr geboren. Er war seit 1895 verheiratet mit Emma Lina, geborene Neubert aus Reichenbrand. Das 1911 errichtete Haus in der Herrmannstraße 43 kauften die Knorrs 1918 von dem Privatier Karl Heinrich Scholze. 1925 verstarb die Ehefrau Lina und Knorr verkaufte sein Haus 1926 an den Gastwirt Max Zesewitz, dem es bis 1931 gehörte. Heute befindet es sich im Besitz der Familie Hertel, den Nachfahren des einstigen Strumpffabrikanten Gustav Bruno Wehner, die es aufwändig sanierten und den schönen, ursprünglichen Baustil erhielten.
Ein Chemnitzer Adressbuch der Fabrik- und Handelsdienstleistenden Chemnitz aus dem Jahr 1912 vermerkt:
Knorr, Alban, Otto Goldschmied, Uhren-Gold-und Silberwarenhandlung, Reparaturen Firma Otto Knorr Neumarkt 1 (Ladeneingang Markt) Tel.2299 Wohnung Annenstraße 23, I. Etage
Im Journal der Goldschmiedekunst aus dem Jahr 1901 Nr.22 S. 134 liest man dort auch: Otto Knorr, born (geb.) 1873.
Des Weiteren stiftete er 1911 zur Einweihung des Neuen Chemnitzer Rathauses drei Silberbecher als Ehrengeschenk. Im Schloßbergmuseum wird dieses noch heute als Bestandteil des Ratsschatzes heute aufbewahrt.
Adressbucheinträge finden sich 1920 in der Logenstraße 30 auch für seinen jüngeren Bruder Alban Georg Knorr (1892-1936), der ebenfalls Goldschmied war. Otto Knorr erscheint wiederum als Juwelier und Goldschmied am Neumarkt 1 im Neuen Rathaus. Hier steht auch der Name seines Mitinhabers Wilhelm Mosblech. Vater Alban hatte als Werkführer 1893 in der Wirkwaarenfabrik Chemnitz (mit zwei a) beschäftigt, einen Kulierwirkstuhl patentieren lassen.
Aber auch diese Anschrift aus dem Chemnitzer Adressbuch von 1921 ist interessant: Otto Knorr, Juwelier und Goldschmied, wohnhaft in Einsiedel, Herrmannstraße 43, Telefon 183.
Mosblech ist 1925 noch Mitinhaber, 1930 fehlt der Eintrag, ab 1935 ist ein Paul Reichel bis 1942 als Mitinhaber gelistet.
Die letzte Adressbucheintragung stammt aus den Jahren 1943/44, das Geschäft war noch im Rathaus, die Wohnung befand sich in der Andrestraße 29.
Nun verlieren sich leider vorerst die Spuren. Viele führen aber genealogisch in die Vereinigten Staaten. Nach telefonischer Auskunft des Stadtarchivs Chemnitz vom 20.10.2014 war ein Otto Knorr 1954 in der Mühlenstraße 82 gemeldet, allerdings ohne die bisher obligatorische Berufsbezeichnung „Goldschmied“. Er wäre da 81 Jahre alt gewesen. Es deutet aber eventuell auf eine Namensgleichheit hin, denn der Name Knorr kommt in Chemnitz häufig vor. Laut Sterbeakten ist er nicht in Chemnitz/K.-M.-Stadt als verstorben gemeldet. Alles deutet also auf einen Wegzug hin.
Steht man heute vor dem Neuen Rathaus in Chemnitz, dort wo sich nach 1945 das seit 1837 bestehende stadtbekannte Foto- und Drogeriegeschäft Otto H. Kratzsch befand, da war vorher Otto Knorrs Juweliergeschäft. Leider existiert das Geschäft Kratzsch heute nicht mehr.
Richten wir nun unseren Blick etwas nach oben. Dort befinden sich zwei als Engel in Stein gehauene Reliefputtenfiguren, deren Ringe untrennbar miteinander verbunden sind. Diese Figuren hatte Otto Knorr einst anfertigen lassen, gleichsam einem Zunftzeichen. Ein solches sieht aber ganz anders aus.
Die Chemnitz-Information befindet sich heute in den genannten Räumen. Über den Sinn der Skulpturen wusste man im August 2014 leider damit nichts anzufangen, eigentlich schade!
Der Verfasser ist für jeden ergänzenden Hinweis dankbar, um das Beschriebene abzurunden.
Quellen SLUB, Adressbücher Chemnitz und Einsiedel, Ancestry.com Ahnenforschung, Stadtarchiv Chemnitz, Familie E. Hertel Einsiedel
I. Rost Oktober 2014
Sämtliche Rechte des vorstehenden Artikels (Text und Bilder) liegen beim Autor!
Auch ich besitze ein Andenken an ihn. Ein wunderschöner Goldring mit Opalbesatz in einer Lederschatulle, deren seidene Auskleidung mit: Goldschmied und Juwelier Otto Knorr, Chemnitz , Markt-Rathaus… bedruckt ist. Schön, etwas über ihn herauszufinden. Vielen Dank.
Danke, Herr Rost, für die sorgfältige Forscherarbeit zu meinem Großonkel Otto Knorr. Leider kann ich Ihnen nicht mehr zu ihm erzählen als was Sie schon gefunden haben; selbst sein Todedatum ist mir unbekannt, und das Foto, das in der Familie kursiert, haben Sie ja schon gefunden. Ich glaube allerdings nicht, dass es meinen Grossonkel auf seine alten Tage noch in die USA gezogen hat. Soweit ich weiss, bin ich der einzige Familienangehörige, der dorthin ausgewandert ist.
Ich habe heute von Otto Knorr einen silbernen Tauflöffel mit Serviettenring in einem Etui geschenkt bekommen und bin ganz fasziniert, dass ich dank Ihnen diese detaillierten Informationen und ein Gesicht zum Namen bekommen habe. Mit Grüßen aus Jena, Yvonne Trommler
Na, da freuen wir uns, wenn wir helfen konnten! Danke für den Beitrag!