Ehemalige Ortslistennummer/Brandkatasternummer 6 S
Verborgen und doch da: das Haus „Waldesruh“
Eine Seite über ein kleines Haus auf großem Grundstück. Das „Waldesruh“, welches 2024 noch existiert, aber meist „unsichtbar“ ist.
Und auch die Hausnummer 34 hat mittlerweile „ins Nachbargrundstück gewechselt“, wir führen unten entsprechend aus.
Naumann ist auch Eigentümer des Wohn- und Geschäftshauses Schillerstr. 42 (heute Straße der Nationen 108) in Chemnitz und Inhaber der Drogerie ebenda. Oben ein Foto des Gebäudes um 1940. Er war Waise und Selfmademan und eröffnete seine „Sachsen-Drogerie“ anfangs der 1920er-Jahre.
Das Haus – Kurt Naumann verkaufte es nach dem Krieg – gibt es nur wenig verändert bis heute und es wird 2024 auch noch immer gewerblich genutzt, u.a. von einem Weinladen im Erdgeschoss, oben befinden sich diverse Büroräume.
(3 Fotos oben: Andreas Naumann)
Zurück nach Einsiedel. Auch das Grundstück „Waldesruh“ verkaufte Naumann später, und zwar an die Familie Bloching. Das sagt wohl den wenigstens etwas, aber Blochings waren einmal Besitzer von „Bochmann’s Ballhaus“, welches es – umfassend saniert – unter „Ballhaus Hilbersdorf“ noch heute gibt. Es wird von großen Partys am Wochenende hier in Einsiedel berichtet, als Blochings die Eigentümer waren.
Im Nachgang gab es weitere Besitzerwechsel.
Die Hausnummer 34 wurde 2017 durch die Stadt Chemnitz an die Besitzer des neuen Einfamilienhauses vergeben. Seitdem ist das Grundstück „Waldesruh“ ohne Hausnummer. Die unerwartete Vergabe der 34 an die Bauherren des Einfamilienhauses bereitete ihnen während und nach dem Bau einige formelle Probleme. Es gab immer wieder Zuordnungsprobleme und Verwechselungen. Das ist auch der Grund, warum die eingangs dieser Seite gezeigte Hausnummer 34 mit Ortslistennr. 6 S am „Waldesruh“ entfernt wurde.
Unser Augenmerk soll aber der „alten 34“ gelten. Der aufmerksame Betrachter erkennt hinter dem Lichtmast das Haus „Waldesruh“, welches ob des unzähligen Wildwuchses nur jetzt, im Winterhalbjahr (9. Januar 2024), schemenhaft wahrnehmbar ist.
Früher war das alles problemlos von der Straße aus sichtbar, nachfolgend zwei Diaaufnahmen (Andreas Naumann) aus den 1950er-Jahren.
Die Naumanns nutzten das „Waldesruh“ als Wochenendgrundstück, das Haus war beheizbar und verfügte auch über eine Trockentoilette.
Zum „Laboratorium Waldesruh“ findet sich außer dem hier gezeigten Briefumschlag nichts. Kurt Naumann plante zwar, in einem Nebengelass im Grundstück diverse Arzneimittel herzustellen, indes ging dies nie über die Planungsphase hinaus.
Interessant ist, dass er sich den oben gezeigten Brief selbst schrieb. Er war Briefmarkensammler und gerade hier sollte man auf den Poststempel schauen – Zahlenkombination 2-3-4-5-6-7. Ein Zufall? Sicher nicht!
Das schmiedeeiserne Tor (oben/1950er-Jahre) wurde – warum auch immer – später durch eine deutlich einfacher gestaltete Arbeit aus geschweißten Rohren ersetzt. (Foto: Andreas Naumann)
Und der Verfall des „Waldesruh“ macht auch am Tor und ehemaligem Hauptzugang von der Eibenberger Straße nicht halt. 2014 fanden wir über der Wechselsprechanlage wie oben beschrieben noch die Hausnummer mit Ortslistennummer, hier nun der Zustand am 2. Juli 2023.
Die obere Grundstücksgrenze in den 1950er-Jahren. Hinter dem Zaun ist ein weiteres Grundstück, welches bis an den oberen Weg geht. Kurt Naumann hatte dieses verkauft und heute befindet sich hier ein sehr gepflegtes Wochenendgrundstück.
Dahinter (direkt bei den kargen Fichten) befindet sich – bis heute – der Wasserhochbehälter „Körnerhöhe“ und weiter rechts die Zuwegung zur ehemaligen „Körnerhöhe“. Letztere ist heute leider nur noch in Fragmenten erkennbar, während der Hochbehälter eingezäunt sowie saniert ist und für Trinkwasserbelange genutzt wird.
(Foto: Andreas Naumann)
Gehen wir die Eibenberger Straße aufwärts, gibt es nach den letzten Häusern rechts den vorstehend beschriebenen, öffentlichen Weg zur „Körnerhöhe“, wir umrunden also die Grundstücke an der Eibenberger Straße und befinden uns jetzt auf deren Rückseite. Hier sehen wir am 31. Oktober 2023 rechts des Weges ein Hinweisschild „Privatgrundstück! Durchgang verboten“. Dieses Schild will aber erst mal entdeckt sein. Überall Wildwuchs, Birken, Farne und viel Unterholz.
Und auch Reste einer Einfriedung sehen wir hier. Dieses Areal ist Privatbesitz und gehört zur „neuen“ Eibenberger Straße 34, wenn es auch ein anderes Flurstück ist.
Von hier oben – also nahe Körnerhöhe – bis hinunter zur Eibenberger Straße war das, was heute die Hausnummern 30, 32 und 34 (neu) umfasst, ein großes Grundstück und im Eigentum des „Kombinat Polygraph Leipzig – Betriebsteil Einsiedel“ an der Wiesenstraße (Wiesenufer).
Der Betrieb hatte einigen seiner Mitarbeiter hier Teilflächen im unteren Teil, also an der Eibenberger Straße, zur Verfügung gestellt, die diese als Kleingärten nutzen konnten. Im Hintergrund – als Orientierungspunkt sozusagen – sehen wir die Hausnummer 28.
(Foto: Thomas Unger)
„Holz machen“. Was hier im bescheidenen Umfang für den Kleingarten zur Feuerung aufbereitet wird, nahm Mitte der 1980er kurzzeitig eine andere Dimension an.
Große Teile der „Brigade Instandhaltung“ des „Polygraph“ wurden losgeschickt, um im oberen Teil des Grundstücks Holz zu schlagen, soll heißen, große Bäume zu fällen. Und nicht etwa mit Motorkettensäge, sondern mit Baum- resp. Schrotsägen. Anstrengende Handarbeit also.
Der Grund war DDR-typisch und der sozialistischen Planwirtschaft geschuldet. Das Holz brachte man zur Tischlerei Aurich in die Lindenstraße. Dieser nahm es als Kompensation für getrocknetes Holz, aus welchem er Fenster für das Bürogebäude des „Polygraph“ fertigte. Man muss sich das so vorstellen, wie die Gold- oder Silberabgabe im Arbeiter- und Bauernstaat, wenn man z.B. Eheringe erwerben wollte.
(Foto: Thomas Unger)
2015 wurde mit der „neuen 34“ der letzte Teil des ehemals großen Grundstücks im Zuge der Insolvenz der „Maschinenfabrik Einsiedel“, die aus dem „Polygraph“ hervorging und in vorsozialistischen Zeiten schon so hieß, als Bauland verkauft.
Heute stehen hier die Einfamilienhäuser Eibenberger Straße 34 (neu), 32 und 30.
Für die Unterstützung zu dieser Seite bedanken wir uns bei:
- Andreas Naumann (Enkel von Kurt Naumann)
- Stefan Meier
- Andreas Wildfeuer
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