Einsiedler Hauptstraße 46

Ehemalige Ortslistennummer/Brandkatasternummer 86

Fünf Generationen: Sattler, Tapezierer, Raumausstatter …

Das kleine Haus in der Hauptstraße 46 beherbergt ein sich mittlerweile in der fünften Generation befindliches Handwerk und damit den wahrscheinlich ältesten Gewerbebetrieb in Einsiedel.
Und wer jetzt an den Klassiker „Einsiedler Brauhaus“ mit einem Gründungsjahr 1885 als älteste Firma denkt, dem können wir diesen kleinen Familienbetrieb mit einem Gründungsjahr um 1874, spätestens nachgewiesen im „Adressbuch 1880“, entgegensetzen.
Es war also 1874, als der Mühlenbesitzer Christian Gottlob Fischer (Berbisdorfer Straße 26) seinem Sohn Ernst Otto zur Hochzeit das Gebäude hier in der Hauptstraße 46 schenkte.
Eventuell war dieses vorher Teil eines bäuerlichen Anwesens, zu dem auch das Fachwerkhaus gegenüber (Hauptstr. 51, Friseursalon Andrea Hamar) gehörte.
Der beschenkte Ernst Otto Fischer war von Beruf Sattler und Tapezierer und gründete hier nun sein eigenes, kleines Unternehmen.

Aus der Ehe ging Sohn Max hervor. Der Vater und Firmengründer Ernst Otto indes starb früh, nämlich bereits 1885. Seine Witwe heiratete erneut und auch der zweite Ehemann – Carl Gustav Hallbauer – war Sattler. Das Geschäft wurde nun durch Hallbauer fortgeführt, aber wir sprechen hier immer noch von der ersten Generation.
Wie meist so ist auch hier die Genealogie für außerhalb der Familie stehende etwas verworren, aber wir wollen versuchen, ein wenig Licht in die Abfolge der Firmeninhaber zu bringen.

Ganz allgemein war die Sattlerei in den damals landwirtschaftlich geprägten Dörfern immer ein wichtiges Handwerk. Später kamen weitere Zweige dazu, zum Beispiel die Innenausstattung von Pferdekutschen, dann das Polstern von Möbeln und das Tapezieren von Wänden.

Sattlerei Hallbauer mit Lohgerberei Grünitz in Einsiedel um 1890
Eine hochinteressante Aufnahme etwa um 1890 (… wenn auch mit qualitativen Mängeln). In der Mitte das Fachwerkhaus Hauptstraße 46, noch ohne die beiden „Schaufenster-Vorbauten“, die später zeitversetzt nach vorn in Richtung Straße entstehen werden.
Interessant ist hier auch das Gebäude links, die Lohgerberei Grünitz (Lederfabrikation), die etwa um 1900 ihren Betrieb einstellte.
(Foto: Sammlung Weber)
Werbeanzeige Sattler und Tapezierer Gustav Hallbauer um 1895
Werbeannonce (Ingobert Rost) etwa um 1895. Was mit „Kummet“ gemeint ist, erklären wir nachfolgend:

Das Kumt (oder eben auch Kummet) ist ein steifer, gepolsterter Ring oder besteht aus ebensolchen Ringsegmenten vor allem bei Rindern wegen der Hörner. Ein Kumt erlaubt die Zugkraft sinnvoll auf Brustkorb, Schultern und Widerrist zu verteilen und gerade bei Pferden wird erst dadurch ihre Zugkraft in vollem Umfang nutzbar.

Pferdefuhrwerk vor dem "Restaurant zum Bahnhof" in Einsiedel in den 1920er Jahren.
Schwerer Zug kann nur mit Kumt geleistet werden: beide Pferde mit Spitzkumten und entsprechendem Zaumzeug vor dem „Restaurant zum Bahnhof“, Hauptstraße 85, wohl in den 1920er Jahren.
(Foto: Kristina Brühl)
Sattlerei und Tapezierer Gustav Hallbauer
Doch zurück zur Hauptstraße 46, die Sattlerei Hallbauer 1908. (Foto H+G Einsiedel)

Sattlermeister Bruno Aurich in seiner Einsiedler WerkstattAuch der Sohn aus erster Ehe – Max Fischer – wurde Sattler, trat aber nicht in die Firma ein. Er wiederum hatte eine Tochter – Erna Fischer – die bei ihren Großeltern (Hallbauer) aufwuchs.

Die Tochter aus zweiter Ehe – Toni Hallbauer – heiratete Bruno Aurich, Sohn des Tischlermeisters Albin Aurich, Lindenstraße 20.
Das Ehepaar begründet nun die zweite Generation.

Hier links sehen wir Bruno Aurich in der Werkstatt, wohl die 1950er Jahre.
(Foto: Sammlung Weber)

Bruno Aurich, Sattlermeister, vor seinem Haus
Links Bruno Aurich mit seiner Frau Toni, rechts ihr Vater Gustav Hallbauer. Wie wir sehen, wurde jetzt auch der erste Vorbau errichtet (1930er Jahre), um die oftmals recht großen Ausstellungsstücke präsentieren zu können.
(Foto: Sammlung Weber)
Sofa und Taschen im Schaufenster der Sattlerei Weber (heute Raumausstatter).
Das Schaufenster der Sattlerei Aurich/Weber wohl in den 1950er Jahren. Die Gestelle für die Sofas wurden von einem Stellmacher gekauft. Meist aus Altenhain, ganz im Unterdorf bei der alten Mühle. Hier in Einsiedel wurden diese dann gepolstert, die Aufnahme gibt ein gutes Beispiel dafür ab.
Man achte auch auf die unzähligen Taschen im Vordergrund – ein gut gehendes Zusatzgeschäft.
(Foto: Sammlung Weber)

Aber wir kommen zurück auf Tochter Erna Fischer. Sie heiratete 1927 den Glasermeister Rudi Weber. Der Sohn aus dieser Ehe – Joachim Weber – legt am 5. Oktober 1957 erfolgreich die Prüfung im Tapezierer-Handwerk ab und übernimmt unmittelbar darauf das Geschäft von Bruno Aurich und ist damit die dritte Generation.

Joachim Weber mit Ehefrau Ruth um 1980. Im Vordergrund die neueste Meisterarbeit. (Foto: Sammlung Weber)

Werbeanzeige von Raumausstatter Peter Weber 19931992 übernimmt mit Peter Weber die nunmehr vierte Generation.
Rechts eine entsprechende Werbeanzeige aus dem Jahr 1993.

 

 

Unten drei Werbeeinblendungen von Peter Weber für das „Lokalfernsehen Einsiedel“ (LFE) im Dezember 2000.

Laden Raumausstatter Weber
Das Gebäude in der Einsiedler Hauptstraße 46 am 2. Mai 2013. Der zweite Schaufenstervorbau (links) wurde 1990 errichtet, der größere Ladenanbau rechts wurde im Januar 2000 eröffnet.
Raumausstatter Peter Weber im Geschäft
Peter Weber im Geschäft am 3. Januar 2018.

2004 geht mit Thomas Weber die fünfte Generation an den Start, allerdings löst er nicht seinen Vater ab, sondern gründet unter derselben Adresse seine eigene Raumaustatterbetrieb.

Aktuell werden alle handwerklichen Leistungen des Raumausstatterhandwerks wie die Polsterei, Dekoration und Sonnenschutz, die Wandgestaltung mit Tapeten und Farben und die Bodengestaltung mit Belägen und Parkett angeboten.


Heimatwerk Einsiedel sagt Danke!

 

 

Für die Unterstützung zu dieser Seite bedanken wir uns bei:

  • Peter Weber

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2 Kommentare

Olli

Hallo
Ich bin letztens mal wieder durch meine alte Heimat Einsiedel gefahren. Da fielen mir die Mühlsteine an der Grundstücksgrenze Hauptstraße 46 und dem ehemaligen „roten Konsum“ auf. Nach meiner Erinnerung stehen die schon ewig da. Vielleicht könnte man mal einen Bericht machen ob es einen Grund gibt warum die da stehen. Die zwei Gebäude sind je keine ehemaligen Mühlen.

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