Einsiedler Neue Straße 27 & 29

Ehemalige Ortslistennummer/Brandkatasternummer (nicht bekannt)

Schusterei Max Reichel, Thams & Garfs-Filiale Curt Sand und viel mehr…

 

 

Hans-Schemm-Straße 27 & 29 in Einsiedel 1938Das uns heute unter den Hausnummern 27 und 29 bekannte Einzelgebäude war früher ein Doppelhaus. Es waren dementsprechend auch zwei Grundstücke mit eben diesen Nummern 27 und 29.
Zum Aufnahmezeitpunkt des nebenstehenden Fotos (Anfang 1938) befand sich in der linken Gebäudehälfte, der Nr. 27, das Lebensmittelgeschäft von Curt Sand, wir kommen nachfolgend darauf zurück.
(Foto: Hans-Joachim Barthel)

 

 

 

 

 

 

 

Einsiedel, Mittelort 1932

Oben sehen wir eine Ansicht der Gebäuderückseite (Pfeil). Recht gut lässt sich dieses Bild auf das Jahr 1931 oder spätestens 1932 datieren, da die linke Hälfte des sogenannten “Tietzbaus” auf dem August-Bebel-Platz fertig gestellt ist, die rechte Seite jedoch noch nicht einmal begonnen wurde.

 

Reiche Schuster: Annonce Schuhwaren Max Reichel, Einsiedel, 1926

 

Das Gebäude Nr. 27 wurde vom Ehepaar Reichel errichtet. Max Reichel betrieb im Laden im Erdgeschoss ein Schuhgeschäft und führte auch entsprechende Reparaturen aus. Links eine Annonce aus dem Jahr 1926.
Anfang Januar 1933 war großer Ausverkauf und Max Reichel gab im Zuge der Weltwirtschaftskrise sein Geschäft auf. Schon damals zeigten sich die uns heute nur allzu gängigen Erscheinungen großer Handelshäuser – die Einsiedler kauften Ihre Schuhe in der nahen Großstadt in den großen Kaufhäusern … und heute im Internet …

 

 

 

 

 

Nachfolger im Geschäft Ende Januar 1933 war dann der oben erwähnte Curt Sand, der hier eine Filiale des 1908 in Hamburg gegründeten Kaffeeversand- und Handelshauses “Thams & Garfs” etablierte. Die Sortimentsbreite der Thams & Garfs-Geschäfte umfasste den Lebensmittelhandel im weiten Sinne, also nicht nur Kaffee, Tee usw.

Was der Großvater noch wusste


Also, liebe Redakteure vom Heimatwerk, früher sprach man seltener von einer “Filiale”, der gebräuchliche Begriff seinerzeit dafür war “Niederlage”.

Oh Pardon! Wir geloben Besserung!

 

Thams & Garfs Filiale resp. NiederlageAlso Niederlage (ehe es den nächsten Anschiss gibt).
Von dem Foto links wurde lange Zeit geglaubt, dass es die Thams & Garfs-Niederlage in Einsiedel zeigt, was aber nicht der Fall ist. Wir haben das Bild trotzdem hier integriert, um dem Leser eine kleine visuelle Vorstellung eines solchen Geschäftes zu geben. (Die Aufnahme zeigt vermutlich eine Niederlage Burkhardtsdorf oder Flöha.)

Zum damaligen Inhaber, der Familie Sand, sind einige Daten bekannt. Curt Sand gilt als im Krieg vermisst. Seine Ehefrau mit den beiden Kindern Margit und Wolfgang wurde in ihrer Wohnung (Hans-Schemm-Straße 5 oder 7) ausgebombt und wohnte dann eine Zeit Fleischerei Max Bauch, Einsiedel, Reichstraßelang im Hinterzimmer des Geschäfts. Sie handelte hier bis in die 1950er Jahre auch noch mit Lebensmitteln, konnte den Laden später aber, aus derzeit unbekannten Gründen, nicht mehr halten.

 

 

Wäschegeschäft Helene Groß Werbung 1926Auch für die andere Gebäudehälfte, die Nr. 29, finden sich einige Daten. Links und rechts zwei Annoncen von 1926 (Vorlage: Ingobert Rost).
Nachfolger von Max Bauch wurde das Ehepaar Heinrich, ebenfalls Fleischer, die nach Zerstörung des Gebäudes das Geschäft vom Hinterhaus aus betrieben, d.h. sie schlachteten und verkauften auch von dort aus.
Ansonsten war in dieser Gebäudehälfte jeglicher Geschäftsbetrieb erloschen.

 

Halb Wohnhaus, halb Ruine 1955

 

 

 

Das Foto aus dem Jahre 1955 zeigt uns recht deutlich, wie nah Glück und Unglück oft beieinander liegen.
Während die Nr. 27 im Bombeninferno des 5. März 1945 nahezu unbeschädigt blieb, wurde die 29 völlig zerstört.
Diese Gebäudehälfte wurde später abgetragen und bis heute nicht wiedererrichtet.
(Foto: H+G Einsiedel)

 

 

 

 

Maischmuck 1953 in der Neuen Straße in EinsiedelNach Frau (Vorname?) Sand führte der Konsum eine Zeit lang den Lebensmittelhandel weiter, später wechselte das Sortiment zu Textilien. Die Filiale wurde dann in die Hauptstraße 103 verlegt und der Laden zu einer Wohnung umgebaut.
Nebenstehend ein Foto aus dem Jahre 1953, zum Zeitpunkt wurde das Geschäft noch von Frau Sand geführt.
(Foto: H+G Einsiedel)

 

 

 

 

Konsum-Laden zur Wohnung umgebaut

 

 

 

 

Neue Straße 27-29 in den 1950er JahrenLinks eine Aufnahme Ende der 1950er Jahre, rechts ein Bild aus den 1960er Jahren, der Konsum ist geschlossen.
Bis etwa 1970 betrieb einer von Max Reichels Schwiegersöhnen, Erich Weber, hier im Hause noch ein kleines Fuhrgeschäft. Weber (Spitzname „Tank“) spielte in seiner Jugendzeit erfolgreich bei der SG Einsiedel (vor- und nachmals Viktoria 03) als Stürmer.
(Fotos: links Willi Fiebig, rechts Bernd Obermaier)

 

 

 

Einsiedler Neue Straße 27-29 2008Einsiedler Neue Straße 27 & 29 2009Links: Der Giebel ohne Fenster und die vorstehende Esse lassen uns auch am 17. Februar 2008 noch erkennen, dass hier früher ein Gebäude unmittelbar angebaut war.

 

 

 

Das Gebäude am 1. Juni 2009.

 

 

 

 


Heimatwerk Einsiedel sagt Danke!

 

 

Für die Unterstützung zu dieser Seite bedanken wir uns bei:

  • Hans-Joachim Barthel, Kiefersfelden

 

 

 

 


Artikel aus der Version 2004Diese Seite wurde aus der Ursprungsversion (www.einsiedel.info, ab 2004), die seinerzeit mit einer speziellen Software (NetObjects Fusion) gestaltet worden war, fast identisch übernommen. Es kann hierbei manchmal zu Darstellungsproblemen kommen, in erster Linie deshalb, weil die eingefügten Bilder kleiner sind als die Aufnahmen, die wir seit dem Wechsel des Layouts bei allen neueren Seiten einfügen.

Die bildlichen und textlichen Inhalte stellen den Stand unserer Veröffentlichung zur Einsiedler Neuen Straße 27 – 29 dar, wie er in der Version 2004, die über zehn Jahre (2004-2014) ausgegeben wurde, publiziert war. Für dieses Objekt liegen in unserem Archiv weitere Fotos vor.

 


 

Einsiedler Neue Straße

 

 

 

 

1 Kommentar

Gerhard Filke

Die Ehefrau von Curt Sand hieß mit Vornamen Edith (geb. Filke), stammte aus Zwickau und war die Cousine meines Vaters.
Weshalb sie den KONSUM nicht mehr weiter betrieb, ist mir leider auch nicht bekannt. Ich weiß lediglich, daß sie später lange Jahre in der Brauerei im Büro (Versand) arbeitete und später ihre Tochter Maritta Landgraf in ihrem Friseurgeschäft unterstützte.

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