Seit dem Abriss im Herbst 1982 gibt es ihn nicht mehr – den Schrankenposten 10 der Deutschen Reichsbahn am Schrebergartenweg in Einsiedel. Aber wie bekannt, gibt es im Heimatwerk Einsiedel die kostenlosen Zeitreisen – gehen wir also einfach mal zurück.
Die älteren Generationen werden sich wohl noch an das nachfolgende Bild erinnern.
Der Posten Nr. 10 mit seinem Schrankenwärterhaus war ein täglich rund um die Uhr bewachter Eisenbahnübergang. Die Postennummern wurden vom Südbahnhof Chemnitz an aufsteigend gezählt. Über die auf Einsiedler Flur stehenden Posten haben wir an anderer Stelle bereits berichtet.
Aber schauen wir uns das Foto mal im Detail an:
Unterhalb des großen Schildes „F“ (=Fernsprecher) ist eine Handkurbel zu sehen. Mit dieser Kurbel wurden die Schranken am Gärtnereiweg betätigt, eine sogenannte Fernschranke mittels Drahtzug. Am Gärtnereiweg war das Schrankenwärterhaus vorher angesiedelt, wir kommen nachfolgend darauf zurück.
Zwischen dem senkrechten Telegrafenmast und dem schrägen Stützmast ist ein Betonsockel zu erkennen. Darauf war bis etwa 1965 ein ca. 2m hohes Läutewerk montiert. Bei Abfahrt des Zuges in Einsiedel bzw. Dittersdorf ertönte dann das Läutesignal, zwei Töne mehrmals hintereinander durch zwei ineinander angeordnete Glocken. Das war dann das Signal für den Schrankenwärter, den Schrankenbaum zu schließen.
Das kleine, von Grundriss her etwas modifizierte Haus hat drei Eingangstüren.
- Tür links: Eingang zum kleinen Aufenthaltsraum (ca. 2,5 x 2,5 m)
- Tür Mitte: Lampenraum für Petroleumlampen für Schranke und Signal, denn diese mussten separat gelagert werden
- Tür rechts: Trocken-Toilette
Mit Beginn des Eisenbahnbetriebes in Einsiedel befand sich der Posten 10 in Höhe Gärtnerei Schwarz. Dieses Postenhaus steht noch heute und ist in Privatbesitz. Wohl in den späteren 1920er Jahren wurde der Posten 10 an den hier behandelten Ort am Schrebergartenweg verlegt. Der Grund war das verstärkte Verkehrsaufkommen zu den Schrebergärten und in Richtung “Waldesrauschen”, welches an dieser Kreuzung wesentlich höher war als an der ursprünglichen Stelle. Als Unterstand für das Schrankenpersonal wurde nun hier ein Wagenkasten abgestellt. Dieser Wagenkasten wurde am 5. März 1945 ein Opfer des alliierten Bombardements auf Einsiedel.
Aus der Not heraus stellte die Deutsche Reichsbahn dann eine sogenannte „Otto-Hütte“ auf, eine einfache Unterkunft aus Presspappeteilen, die standardisiert waren (ca. 1 m²) und auch schon während des Krieges als Notunterkünfte für Bombenopfer dienten. 1947 wurde schließlich das massive, kleine Postenhaus errichtet.
Sommer 1971 oder 72. Die Frau mit dem Schrankenbaum in der Hand ist Erna Klaube. Mit der hier abgelichteten Handhabungsweise der Schranke konnte diese weder ganz geöffnet, noch ganz geschlossen werden. Frau Klaube hebt die Schranke lediglich ein kleines Stück an, um die Frau mit Kittelschürze noch hindurch gehen zu lassen, da es vermutlich noch ein Weilchen gedauert hat, bis der Zug kam. Vorschrift war, wenn die Schranken einmal geschlossen waren, durften sie erst nach der Zugfahrt wieder geöffnet werden. Auf diese Weise wurde sozusagen eine Unkorrektheit im Bild festgehalten.
Hinter dem kleinen Bahngrundstück wird in wenigen Jahren das „Gartenheim Waldesrauschen“ entstehen.
Ab etwa 1965 wurde der 24h-Betrieb eingeschränkt und die Schranken nachts von 22 bis 6 Uhr geschlossen. Ein kleines, seitlich angeordnetes Drehkreuz, ermöglichte den Durchgang für Fußgänger. Ab etwa 1970 wurden die Schranken auch in der Spätschicht geschlossen.
Die Tagschicht wurde jetzt neu festgelegt auf das Zeitfenster von 8 bis 16 Uhr. Mit dieser Schicht hat Frau Erna Klaube dann bis zum Rentenbeginn am 1. August 1974 Dienst getan. Danach wurde der Übergang vollständig aufgelöst.
Das Befahren des Überganges mit Pkw war von nun ab nicht mehr möglich. Und ist es bis heute nicht und wird es auch in Zukunft nicht sein…
Links der beschrankte Bahnübergang am Schrebergartenweg wohl Ende der 1930er Jahre. Wir erkennen am linken Bildrand noch gut die 1878 gebaute Strumpffabrik von Theodor Brückner.
(Foto links: Heinz Mütze)
Links: 20. Januar 2013, seit Jahrzehnten ist hier nun „Selbstbedienung“.
Unten der Bahnübergang am 26. April 2015.
Die Wiese auf dem rechten Foto gehört nach wie vor der Bahn.
Im Zuge des „Chemnitzer Modells“ wird hier nahe des Bahnübergangs ein weiterer Haltepunkt der „Erzgebirgsbahn“ eingerichtet, allerdings nicht auf der Wiese, sondern links des Schrebergartenweges.
Für die Unterstützung zu dieser Seite bedanken wir uns bei:
- Wolfgang Hilbert
- Gerhard Wagner
Passender, ergänzender Artikel zu dieser Seite:
Schreibe einen Kommentar